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AG-Leiter Marc Gistrichovsky
Die Arbeit AG T-CPR im GRC nimmt Fahrt auf
Erstes Präsenztreffen in Wuppertal
Die reaktivierte AG T-CPR im GRC hat einen zweitägigen Präsenzworkshop in den Räumlichkeiten der Berufsfeuerwehr Wuppertal durchgeführt. Bereits im Oktober 2023 gab es ein erstes Onlinetreffen mit interessierten Expert*innen aus Leitstellen, aus dem Kreise der Ärztlichen Leiter Rettungsdienst (ÄLRD) sowie aus der Wissenschaft und Forschung, um die Ideen und die Aufgaben der AG zu skizzieren.
Es ist unstrittig, dass die Leitstellen mit der Anleitung einer Telefonreanimation das therapiefreie Intervall bis zur Intervention durch den Rettungsdienst bzw. bis zum Eintreffen professioneller Hilfe kompensieren können und müssen. Der Slogan „time is brain“ spielt in dieser Situation eine große Rolle. Umso mehr ist es unverständlich, dass eine T-CPR noch nicht in allen Leitstellen standardisiert eingesetzt wird, obwohl die GRC-Leitlinien die Wichtigkeit dieser Maßnahme beim Vorliegen einer Indikation für eine cardiopulmonale Reanimation als Standard in den Leitstellen unterstreichen.
Bis auf wenige Ausnahmen gibt es in den Bundesländern keine landesweit einheitlichen Vorgaben zur T-CPR, weder zur Pflicht dieser Maßnahme in den Leitstellen zu etablieren, noch einen einheitlichen Algorithmus. Argumente, dass für eine T-CPR Ressourcen in den Leitstellen vorhanden sein müssen, sind zwar nachvollziehbar und wichtig, dennoch kann dieses kein Hinderungsgrund zur Umsetzung sein. Ressourcen können geschaffen, finanziert und letztendlich vorgehalten werden. Eine durch die Disponierenden in den Leitstellen angewandte T-CPR bedeutet direkt Leben am Notruf zu retten. Es gibt wohl wenig andere Szenarien, wo die Mitarbeitenden in den Leitstellen diesen unmittelbaren Einfluss auf das Überleben von Patient*innen haben. Als Arbeitsgruppenziel streben die AG-Mitglieder eine detaillierte fachliche Empfehlung zur Einführung der T-CPR sowie zur Sicherstellung dieser Fähigkeit in den Leitstellen rund um die Uhr an. Dieses eingebettet in ein kuntinuierliches Qualitätsmanagement, um die Wirksamkeit dieser Maßnahme zu monitoren und stetig zu verbessern. Dabei soll das Rad nicht neu erfunden werden, so dass bestehende funktionierende Systeme und dortige Erfahrungen in das Konzept einfließen werden.
Folgende Arbeitspakete wurden identifiziert und bearbeitet:
Aus- und Fortbildung
Eine auf Algortihmen basierte Aus- und Fortbildung zur Durchführung der T-CPR benötigt eine fundierte Ausbildung und eine kontinuierliche Fortbildung. Dabei ist nicht nur das “Können” bei den Mitarbeitenden zu fördern sondern auch das “Wollen”. Dazu sind Empfehlungen für eine effiziente Aus- und Fortbildung zu erarbeiten.
Qualitätsmanagement
Der Identifikation von “Zeitfressern” bis zum ersten Drücken durch die/den Ersthelfer*in kommt eine zentrale Rolle zu. Zudem ist zu prüfen, wie die Identifikation des Herz-Kreislaufstillstands am Telefon verbessert werden kann. Wie können Reanimationsnotwendigkeiten erkannt werden, die initial beim Erstkontakt nicht erkennbar waren? Warum wurden Herz-Kreislaufstillstände nicht erkannt? Nach jeder durchgeführten Reanimation sollte eine kurze Evaluation durch die Mitarbeitenden in den Leitstellen erfolgen, um unmittelbar Probleme identifizieren zu können.
Eine enge Verknüpfung mit den Daten des Rettungsdienstes und den Kliniken kann auch Rückschlüsse zur Wirkung der T-CPR in den Leitstellen haben. Hier können Register eine Unterstützung bieten.
Technik/Organistaion
Die Integration der Algorithmen in standardisierte Notrufabfrage Protokolle (SNAP) in den Leitstellen muss evaluiert und vorangetrieben werden. Es müssen standartisierte Schnittstellen zu Auswertesystemen vorhanden sein. Wie können KI Systeme die Erkennungsrate erhöhen? Macht eine Videounterstützung Sinn? Wie können ausreichende Ressourcen in den Leitstellen geschaffen werden, um jederzeit die T-CPR anbieten zu können?
Diese technisch/organisatorischen Fragen sind zu klären.
Forschung
Die Arbeitsergebnisse und Ideen der AG sollen mit dem aktullen Stand von Wissenschaft und Forschung kontinuierlich abgestimmt werden.
Foto: Marc Gistrichovsky
Teilnehmer AG T-CPR von links:
Dr. med. Björn Stieger (stellv. ÄLRD, BF Wuppertal), Dr. med. Martin Hochstatter (ÄLRD, BF Brandenburg/Havel), Hendrik Hänig (Leitstelle Brandenburg/Havel/Fachverband Leitstellen), Marc Gistrichovsky (Leitstelle Nürnberg/Fachverband Leitstellen), Dr. med. Albert Schiele (ÄLRD Bayern/ Uniklinik Erlangen), Dr. med. André Gnirke (ÄLRD RkiSH), Rafael Trautmann (Leitstelle Wuppertal/Solingen, Deutsche Gesellschaft für Rettungswissenschaften (DGRe)); es fehlt Prof. Dr. Hartwig Marung (Medical School of Hamburg)
Die Telefonreanimation (T-CPR)
Das Konzept der telefonischen Anleitung zur Reanimation (T-CPR) stammt von M. Eisenberg (U.S.A.) und wurde 1985 veröffentlicht (Eisenberg MS et al. Emergency CPR instruction via telephone. Am J Public Helth 195; 75: 47 – 50). In Deutschland wurde die Telefonreanimation unter dem Motto „RUF AN“ in Göttingen etabliert und auf der Grundlage der dortigen Erfahrungen weiterentwickelt (Bahr J et al. Projekt RUFAN: Reanimation Unter Fernmündlicher Anleitung. Rettungsdienst 2001; 4: 346 – 348).
Studien aus dem deutschsprachigen Raum weisen darauf hin, dass Unsicherheit DER Grund für Untätigkeit der Laien ist (Breckwoldt J. et al.Perceptions of collapse and assessment of cardiac arrest by bystanders of out-of-hospital cardiac arrest – OOHCA. Resuscitation 2009; 80: 1108 – 113). Mit der Maxime „Wer nicht beatmen will oder kann, soll drücken statt nichts zu tun“ war in den Leitlinien zur kardiopulmonalen Reanimation des ERC 2010 der Weg frei zur Telefonreanimation.
Dies setzt innerhalb der Leitstellen organisatorische Änderungen und Schulungsprozesse voraus. So wurde bereits 2010 in den Leitlinien zur Reanimation festgelegt:
„Leitstellendisponenten sollen geschult werden, einen um Hilfe ersuchenden Anrufer nach vorgegebenen strengen Protokollen abzufragen. Der Fokus soll hierbei auf dem Erkennen von Bewusstlosigkeit und der Qualität der Atmung des Patienten liegen. Bei der Kombination von Bewusstlosigkeit und fehlender Atmung oder jeder Form der Atemstörung soll eine Handlungsanweisung für den Verdacht auf Kreislaufstillstand starten. Die Betonung liegt auf der Wichtigkeit von Schnappatmung als Zeichen des Kreislaufstillstands.“ (Nolan JP et al. Sektion 1 der Leitlinien zur Reanimation 2010 des European Resuscitation Council. Notfall Rettungsmed 2010; 13: 515 – 522).
Konsequenterweise liegt bei der Telefonreanimation der Fokus auf der Herzdruckmassage: Nur wenn der/die Helfer*in in Wiederbelebungsmaßnahmen erfahren ist und es sich zutraut, soll sie/er die Herz-Lungen-Wiederbelebung in Kombination von Herzdruckmassage und Beatmung im Verhältnis 30:2 durchführen.
Mittlerweile wenden eine ganze Reihe von Leitstellen in Deutschland die Telefonreanimation nach standardisierten Protokollen an. Ein Meilenstein dafür war die flächendeckende Einführung eines Algorithmus zur Telefonreanimation in allen 26 Leitstellen Bayerns (Meyer O et al. T-CPR Bayern. Flächendeckende Einführung eines Algorithmus zur Telefonreanimation. Notarzt 2013; 29: 141-147).
Der GRC als offizielle nationale Vertretung des ERC sieht sich und seine Expert*innen in der Verantwortung, die in den vergangenen Jahren im deutschsprachigen Raum stetig wachsende Motivation sowohl der Leitstellenmitarbeitenden als auch der Bevölkerung zur Anwendung der telefongestützten Anleitung zur Durchführung von Wiederbelebungsmaßnahmen zu fördern und die regional unterschiedlichen Konzepte zu harmonisieren, um eine möglichst effektive praktische Umsetzung und damit Etablierung des Konzepts zur Telefonreanimation in Deutschland zu ermöglichen.
Studie "Implementierungsstand der Telefonreanimation durch Rettungsleitstellen in Deutschland"
Der GRC hat zusammen mit der Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin der Uniklinik Köln, der ADAC Stiftung und mit Unterstützung des Fachverbandes Leitstellen e.V. 2021 eine Untersuchung zu dem Thema durchgeführt. 166 Rettungsleitstellen haben an der größten Datenerhebungen zum Implementierungsstand der Telefonreanimation in Deutschland teilgenommen. Die Ergebnisse der publizierten Studie zeigen, dass die Häufigkeit einer Telefonreanimation noch deutlich unzureichend ist. Alle teilnehmenden Rettungsleitstellen gaben zwar an, dass sie die Telefonreanimation durchführen. Eine ausreichende Umsetzungsquote (Anteil der Telefonreanimationen bei klar erkannten Herz-Kreislaufstillständen > 80 %) erreichten jedoch nur weniger als die Hälfte der teilnehmenden Rettungsleitstellen (44 %). 78 % der Befragten befürworten eine gesetzliche Verpflichtung zur Telefonreanimation. „Die Umsetzungsquote der Telefonreanimation muss bei uns weiter deutlich erhöht werden bis sie hoffentlich in den nächsten Jahren flächendeckend, ausnahmslos und verpflichtend in ganz Deutschland eingesetzt wird. Somit können wir noch sehr viel mehr Menschenleben retten – gemeinsam mit anderen Maßnahmen wie der Unterrichtung von Schülerinnen und Schülern in Wiederbelebung –, 10.000 jedes Jahr zusätzlich in Deutschland!“ so Professor Bernd Böttiger, Vorstandsvorsitzender des GRC.
Alle Ergebnisse zu Erfolgsfaktoren und Hinderungsgründen sowie Ausgestaltung der Telefonreanimation in den Leitstellen können Sie in der neu erschienen Publikation im Deutschen Ärzteblatt nachlesen unter https://www.aerzteblatt.de/archiv/222919/Implementierungsstand-der-Telefonreanimation-durch-Rettungsleitstellen-in-Deutschland
Eine weitere Publikation dazu:
"Umsetzungsstand der Telefonreanimation und Einfluss der COVID-19-Pandemie", Springer April 2022:
https://link.springer.com/article/10.1007/s10049-022-01017-9
Im folgenden Video erfahren Sie alles zur Telefonreanimation:
Arbeitspapier 2024
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GRC-Pressemitteilung: Telefonreanimation muss bundesweit verpflichtend eingeführt werden 2022
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GRC-Pressemitteilung: Telefonreanimation rettet viele Leben 2021
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